Erfahrbar und geheimnisvoll |
Die Bibel beginnt damit, dass der Ursprung dieser Welt aus Gott kommt. Dies ist ein Schöpfungs-Hymnus, ein wunderbares Gedicht. Es besagt: Alles ist letztlich von Gott erschaffen, alles hat sich nach seinem Willen entwickelt. Und es ist gut.
Die Erzählung von der Erschaffung der Welt ist kein naturwissenschaftlicher oder historischer Bericht. Weder geht es um den Zeitraum von „sechs Tagen“, noch um die Erde als eine Scheibe, die oberhalb und unterhalb von Wasser umgeben ist (Genesis 1,7). Wichtig ist: Gott hat diese Welt in all ihrer Vielfalt ins Leben gerufen. Denn hätte er etwas nicht gewollt, hätte er es nicht erschaffen (Weisheit 11,24).
Schöpfung.Über die Entstehung der Welt haben sich manche Theorien entwickelt. Nach heutigem Stand unserer Erkenntnis gab es vor 14 Milliarden Jahren einen Urknall, mit dem so gewaltige Energie freigesetzt wurde, dass sich später Materie entwickeln konnte. Das war der Beginn von dem, was wir „Zeit“ nennen. Aus einem „Punkt“ hat sich dies mit enormer Geschwindigkeit unter gleichzeitigen vielfältigen chemischen Reaktionen räumlich ausgedehnt. Es entstanden erste Atome, Moleküle, Grundelemente, später Sterne, Galaxien, die Erde. Tatsächlich stammt alles, das wir kennen – physikalisch – aus Sternenstaub. Was war vor der Entstehung der Zeit? Gab und gibt es eine andere Dimension, in der die Zeit nur ein Teil einer viel größeren, für uns unvorstellbaren Wirklichkeit ist? Die Welt zeigt Spuren des Schöpfers und offenbart ihn. Gottes Liebe findet einen Weg Erfahrbar und geheimnisvoll.
Gott ist mehr.Die Dreifaltigkeit Gottes (Trinität) ist sein größtes Geheimnis, das leicht missverständlich ist. Es ist ein Gott, an den Christen glauben. Dieser eine Gott hat sich auf verschiedene Weise den Menschen offenbart. Um diese unterschiedlichen Erfahrungen auszudrücken, haben Menschen begrenzte sprachliche Möglichkeiten. Sie können dies nur in Bildern beschreiben, um gleichzeitig zu wissen: Gott ist mehr. Ein Beispiel ist die Anrede Gottes als „Vater“. Das ist ein Bild. Gott ist weder männlich noch weiblich. Er steht über jeder Geschlechtlichkeit. Man kann – bildhaft – Gott als Vater und Mutter verstehen; und man kann ihn so anreden. In der Tradition der Kirche ist die Anrede Gottes als „Vater“ im Vordergrund.
Person.Wenn man Menschen heute fragt, ob sie an Gott glauben, sagen relativ viele „Ja“. Viel weniger glauben jedoch daran, dass Gott „Person“ ist. Manche können sich „etwas Göttliches“ vorstellen, eine höhere Energie oder Ähnliches. Wenn man heute an eine „Person“ denkt, ist dies ein Mensch, der in Beziehung mit seiner Umwelt lebt. Auch Gott – als Person – ist in Beziehung.
Geschichte.Wir stehen in jener Geschichte des Heils, die mit Abraham vor etwa 4.000 Jahren begonnen hat. Die Erkenntnis, wie Gott ist, ist von da an eng mit der Geschichte und den Erfahrungen des Stammes Abraham verbunden, aus dem das Volk Israel hervorgeht. Gott schließt einen Bund mit Abraham und seinen Nachkommen. Er verspricht, dem Volk beizustehen; das Volk verspricht, seinem Willen zu folgen.
Rückschlüsse.Die Lebensumstände des Volkes Israel führen immer wieder zu neuen Erfahrungen. Daraus ergeben sich Rückschlüsse auf Eigenschaften Gottes. Alle Erfahrungen weisen auf ihn hin, aber keine ist allumfassend. Gott bleibt Geheimnis, auch wenn er immer wieder etwas von sich erkennen lässt. Die Liebe Gottes ist so groß, dass sie den Menschen nicht nur in Macht und Herrlichkeit gegenübertritt, sondern auch in Verletzlichkeit begegnet. Indem Gott seinen Sohn, Jesus Christus, gesandt hat, ist dies Realität geworden. In sich ist Leid sinnlos. Im Glauben jedoch kann man ahnen, dass hinter allen negativen Erfahrungen Gott dennoch stärker ist, dass dies irgendeinen Sinn haben mag – oder dass man herausgefordert ist, dem einen Sinn zu geben. Die Menschen sind frei in ihren Entscheidungen. Dennoch findet Gottes Liebe einen Weg.
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 3, 2. September 2021 |
Mitten unter uns |
Jesus fragt: Für wen halten mich die Menschen? Das ist die entscheidende Frage des christlichen Glaubens: Für wen halte ich Jesus?
Nicht nur die Bibel, auch andere Autoren berichten von Jesus. Mit etwa 30 Jahren begann er, in der Öffentlichkeit das Reich Gottes durch Worte und Taten zu verkünden. Sein Anspruch, der Messias und der Sohn Gottes zu sein, brachte ihn in Kon ikt mit den Mächtigen, die vom römischen Statthalter Pontius Pilatus sein Todesurteil erwirkten. Jesus wurde hingerichtet. Viele Zeugen berichten, dass er von den Toten auferstanden ist. Wäre Jesus nicht auferstanden, dann wäre alles eine interessante Geschichte, würde uns aber nicht betreffen. Mit Jesus werden auch wir auferstehen (1 Korinther 15,21–23).
Sohn Gottes.Dass Jesus von Nazareth ein besonderer Mensch war, können auch Angehörige anderer Religionen nachvollziehen. Für sie kann Jesus ein Prophet, ein Lehrer, ein Schamane sein. In der Antike, aber auch heute noch in einigen Dynastien (z. B. in Japan und Thailand), wird dem Herrscher ein göttlicher Ehrentitel wie „Sohn Gottes“ zugeschrieben. Gemeint ist, dass der Herrscher gleichsam ein Adoptivsohn Gottes ist, der in seinem Reich im Einklang mit dem Willen Gottes regieren soll. Vielleicht haben manche Zeitgenossen auch Jesus als Sohn Gottes so verstanden. Aber Jesus ist mehr. Er spricht von Gott, seinem Vater, aus einer unvergleichlichen Nahbeziehung heraus. Er ist mit dem Vater eins, „wesensgleich“. Jesus verkörpert die Liebe Gottes in allem.
Zeichen.Alle Worte und Taten Jesu werden zu Zeichen des Reiches Gottes. Es ist dort, wo Liebe ist. Das erfordert ein Umdenken, eine Veränderung von Gewohnheiten. „Umkehr“ meint neues Denken und erneuertes Handeln im Sinn Gottes. Alle sind dazu berufen. Jesus vollbringt Wunderbares, er heilt, er vergibt Sünden (was nur Gott kann). Er führt Vorschriften auf ihren eigentlichen Sinn zurück: Sie sind Mittel, durch die Gott seine Barmherzigkeit zeigen will.
Feinde lieben.Jesus wird in einem Schauprozess Opfer einer Vielzahl von Sünden (Verrat, Lüge, Machtmissbrauch). Doch er verzeiht: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34). Jesus hält es durch, auch noch am Kreuz, seine Feinde zu lieben. Damit siegt seine Liebe über den Hass, über den Tod. Paulus schreibt: „Christus ist für unsere Sünden gestorben“. Irgendwie sind wir ja Teil einer gesellschaftlichen Sündenver ochtenheit, irgendwann haben wir selbst gesündigt und damit indirekt Jesus getroffen. Denn er hat gesagt: Was ihr gegenüber einem Mitmenschen getan oder unterlassen habt, das habt ihr gegenüber mir getan (Matthäus 25,40.45).
Superman?Jesus ist gekommen, um im Auftrag Gottes die Welt zu retten. Es geht allerdings nicht um eine Rettung, wie sie durch Supermänner und Superfrauen geschieht. Was kann man unter Rettung durch Jesus verstehen? Wer dem Beispiel Jesu folgt, wird vor der Orientierung an falschen Werten gerettet, vor Lebensirrtümern, aus der Ver ochtenheit in Sünde. Die „Zehn Gebote“ als Grundregel des Zusammenlebens werden von Jesus zurückgeführt auf die Haltung der Liebe und des Wohlwollens. Das Zusammenleben in einer Gesellschaft braucht mehr als die Einhaltung von Regeln. „Das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Galater 5,14)
Mit Jesus.Jeder Mensch hat eine persönliche Beziehung zu Jesus. Beziehungen entwickeln sich: eine erste Begegnung, ein näheres Kennenlernen, wachsende Vertrautheit. In einer Beziehung mit Jesus kann es Phasen geben wie Begeisterung, Faszination, Gewohnheit usw. Beziehung mit Jesus wird gepflegt durch das Lesen der Heiligen Schrift, durch Gebet, durch Sakramente (besonders die Eucharistiefeier), durch jede hilfsbereite, gute Tat. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S.18, 9. September 2021 |
Kraft zum Guten |
„Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser“ – so beschreibt die Bibel die Situation vor der Erschaffung der Welt. Der Geist Gottes bewegt und inspiriert alles Geschehen von Anfang an.
Dann wird dem Menschen von Gott Lebensatem eingehaucht. Das hebräische Wort „ruach“ ist dasselbe für „Geist“ wie für „Lebensatem“: Der Mensch empfängt den Geist Gottes, der ihn lebendig macht – in umfassendem Sinn. Diese Lebendigkeit bedeutet nicht nur körperliches Existieren, sondern darüber hinaus Bewusstsein, Verstand, Beziehungsfähigkeit, Verantwortung und mehr. Der Mensch ist berufen, sein Leben in der Kraft des Geistes zu leben.
3 in 1.Mit Gott Vater und Jesus Christus bildet der Heilige Geist die Göttliche Dreifaltigkeit. Es ist EIN Gott, der sich in diesen drei Personen offenbart. Wir erkennen einen Unterschied in der Art, wie diese drei Personen auf verschiedene Weise wirken. Dies entspricht der inneren Wirklichkeit Gottes. Es gibt nur einen Gott, dieser Gott ist in sich Vielfalt.
Der Geist wirkt.Der Apostel Paulus identifiziert ihn als denjenigen, der Glauben überhaupt erst ermöglicht. Nur wer im Heiligen Geist lebt, wer von ihm beschenkt ist, kann sagen: „Jesus ist der Herr!“ Und im Heiligen Geist können wir zu Gott vertrauensvoll „Vater“ sagen. Paulus sieht das Wirken des Heiligen Geistes auch in ganz praktischen Dingen. Der Heilige Geist ist nicht nur da, wenn jemand gläubig und fromm ist, sonHeiliger Geist Kraft zum Guten dern er wirkt im Alltag. Jede Begabung eines Menschen ist eine Gabe des Heiligen Geistes. Und: Alles soll zum Aufbau des Reiches Gottes beitragen.
Zum Guten.Ebenso wird in Haltungen Heiliger Geist erkennbar: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, ist Barmherzigkeit, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit.“ Diese geistigen Kräfte eines Menschen sind auf das Gute hin orientiert. Heute kann man den Heiligen Geist in – aktuell formulierten – Werken der Barmherzigkeit finden, z. B.: Ich nehme dich an. / Ich höre dir zu. / Ich begleite dich. / Ich teile mit dir. / Ich freue mich mit dir. / Ich rede gut über andere. / Ich bete für dich.
Heilig.Heilige sind Menschen mit einer besonderen Nahebeziehung zu Gott, die sich auf Mitmenschen auswirkt. In ihnen wird das Wirken des Heiligen Geistes erfahrbar. Heilige sind keine Perfektionisten. Sie haben Fehler und Schwächen. Sie bemühen sich aber darum, immer wieder neu auf Gott zu schauen, umzukehren, sich zu überwinden – und Gutes zu tun. Diese Heiligkeit ist dynamisch. Einerseits ist man schon heilig, andererseits soll man es werden, wie Paulus an die Römer schreibt. Heute sind wir zur Heiligkeit berufen: zu einem Leben nach dem Willen Gottes, in Gemeinschaft mit Jesus Christus, geführt vom Heiligen Geist. Mit jedem Kreuzzeichen „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bestätigen wir diesen Lebensplan.
Nachdenklich.Hast du schon einmal etwas gegeben, ohne Dank, ohne Anerkennung, sogar ohne das Gefühl einer inneren Befriedigung? Warst du schon einmal gut zu einem Menschen, von dem kein Echo der Dankbarkeit und des Verständnisses zurückkommt, wo du nicht einmal durch das Gefühl belohnt wurdest, „selbstlos“ oder „anständig“ gewesen zu sein? Hast du schon einmal versucht zu lieben, wo keine Welle einer Begeisterung dich trägt, wo alles unbegreifbar und sinnlos erscheint? Hast du dich schon einmal zu etwas entschieden, rein aus dem inneren Spruch deines Gewissens heraus? Du kannst es niemandem sagen, niemandem klarmachen; du weißt, dass du eine Entscheidung fällst, die niemand dir abnimmt, die du für immer zu verantworten hast. Dann hast du eine Erfahrung des Heiligen Geistes gemacht. (nach Karl Rahner) «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 3, 16. September 2021 |
Eins-sein in Vielfalt |
In unserem Land sieht man viele Kirchen, die das Ortsbild prägen. Dort versammeln sich Menschen zum Gottesdienst. Daneben steht zumeist ein Pfarrhaus. Doch es gibt noch viel mehr Kirchliches.
Die Kirche ist vielfältig. Klöster, Kapellen, Kindergärten, Schulen, Spitäler, Caritas-Einrichtungen, Ordensgemeinschaften, geistliche Bewegungen, Verbände, Gruppen usw. Dort überall lebt man Kirche. Sie hat unterschiedliche Bedeutung für einzelne Menschen und für das gesellschaftliche Leben in unserem Land. Unter „Kirche“ kann man Verschiedenes verstehen: eine Gemeinschaft, eine Pfarre, ein Kloster, die Weltkirche, of zielle Vertreter, eine Lehre, ein Gebäude, ein Unternehmen …
Verbindung zwischen Gott und Mensch.In der Nachfolge Jesu versteht sich die Kirche als eine Verbindung zwischen Gott und den Menschen. Sie ist menschlich und göttlich zugleich, sie ist konkret sichtbar und in geistlicher Hinsicht unsichtbar. Sie existiert in der gegenwärtigen Zeit und hat zugleich Anteil an der Ewigkeit. Zur Kirche gehören Menschen aus vielen Völkern und Nationen, Generationen und gesellschaftlichen Schichten. Da sind Große und Kleine, Reiche und Arme, Kluge und Unbegabte, Nervensägen und rettende Engel, Sünder und Heilige, Lebende und Verstorbene. So überschreitet die Kirche Grenzen. Man kann sich seine Mitchristen nicht aussuchen. Aber alle sind eins in Christus. Alle gehören zusammen mit Stärken und Schwächen, Weisheit und Irrtümern, Begabungen und Sünden. Kirche Eins-sein in Vielfalt Deshalb: „Ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens! Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung in eurer Berufung: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles in allem ist.“ (Epheserbrief 4,2–6)
Das Leben der Kirche.Der Sinn der Kirche besteht darin, Jesus Christus als Sohn Gottes zu begreifen, seine Botschaft zu leben und von ihm zu erzählen. Das verwirklicht sie etwa durch die Feier von Gottesdiensten, durch Nächstenliebe, durch die Verkündigung der Frohen Botschaft, durch das Leben in Gemeinschaft, die man daran erkennt, dass die Menschen einander lieben.
Verbindung mit anderen.Die Katholische Kirche ist verbunden mit anderen christlichen Kirchen. Jesus Christus als gemeinsames Fundament soll stärker sein als die Unterschiede und Differenzen, die sich aus unterschiedlichen Gründen entwickelt haben. Darüber hinaus weiß man sich mit allen Menschen verbunden und sucht Gemeinsamkeiten, um diese Welt nach dem Willen Gottes zu gestalten. Es gibt dabei einen Grundsatz: Wesentlich ist das, was Liebe fördert. Das bedeutet die Anerkennung der Würde aller Menschen, die Achtung ihrer Freiheit. Das Leben der Menschen zählt mehr als eine religiöse Überzeugung. Das Leben ist das Grundgeschenk Gottes, die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft kommt danach. Jeder und jede soll Gott auf eigene Art verehren – unter Anerkennung, dass es auch Anderes gibt, das zu akzeptieren ist.
Was noch erwähnt werden soll.Es ist eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Sie ist eins in Jesus Christus; sie ist heilig, weil sie zu Gott gehört; sie ist katholisch, was weltumfassend bedeutet; sie ist apostolisch, weil sie in der Tradition der Apostel steht. Die Kirche ist Volk Gottes, und zwar ein priesterliches, prophetisches und königliches Volk. Jede und jeder einzelne Christ/in ist dazu berufen, „priesterlich“ ein Segen zu sein; „prophetisch“ eine Stimme des Willens Gottes zu sein; und „königlich“ erwählt zu sein, um Verantwortung beim Aufbau des Reiches Gottes zu übernehmen. Die Kirche ist als Tempel des Heiligen Geistes ein Ort oder eine Gemeinschaft, wo Gott erfahrbar ist. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 18, 23. September 2021 |
Botschaft für einst und jetzt |
Gott will sich den Menschen auf menschlich verständliche Weise offenbaren. In der Bibel geschieht dies durch Texte und Worte.
Die Bibel ist eigentlich eine kleine Bibliothek mit 73 Büchern, die zwischen 1000 v. Chr. und 100 n. Chr. verfasst und zusammengestellt wurden. Aufgeteilt ist sie in das Alte (Erste) Testament und das Neue (Zweite) Testament.
Wort Gottes.Der Urheber der Heiligen Schrift ist Gott. Konkret haben menschliche Verfasser, inspiriert vom Heiligen Geist, die Heiligen Bücher geschrieben. Diese Autoren haben in ihrer Zeit gelebt. Sie erzählen von Gotteserfahrungen und sie beschreiben menschliche Grunderfahrungen in der Sprache ihrer Zeit, sodass sie von ihren Zeitgenossen verstanden werden konnten. Sie schreiben für verschiedene Adressaten in unterschiedlichen literarischen Gattungen. So gibt es Geschichtsbücher, Gesetzestexte, Weisheitsbücher, Gleichnisse, prophetische Schriften, Gebetssammlungen, Briefe usw. Sie sind keine Protokolle, sondern vermitteln eine Botschaft. Ihre Worte tragen einen Sinn in sich, der über die Situation hinausgeht. Letztlich geht es darum: Was ist die Bestimmung des Menschen? Wozu ist er auf dieser Welt – nach dem Willen Gottes? Jede Bibelstelle muss in jeder neuen Zeit neu verstanden werden.
Forschung.Die Worte der Bibel sind für alle da. Aber Menschen sind verschieden. Sie lesen Unterschiedliches heraus. Man kann dieselben Worte auf verschiedene Art versteBibel Botschaft für einst und jetzt hen. Das ist einerseits interessant und bereichernd, wenn man zum Beispiel mit anderen eine Bibelstelle bespricht. Das kann auch bedeuten: Es gibt nicht die eine, für alle Zeiten absolut richtige Deutung eines Textes. Und es können durch Worte auch Missverständnisse entstehen. Ja, man kann die Worte der Bibel so missverstehen, dass sie nicht dem Sinn Gottes entsprechen. Um Missverständnissen zu begegnen bzw. sie zu vermeiden, studieren viele die Bibel sehr ausführlich, tragen ihre Erkenntnisse zusammen und finden Übereinstimmungen, wie ein Text wahrscheinlich zu verstehen oder sicher nicht zu verstehen ist. Es gibt eine Entwicklung des Verständnisses der Heiligen Schrift durch neue Forschungen und Erkenntnisse, und es gibt stets neue Situationen in dieser Welt.
Sinn entdecken.Die Texte der Heiligen Schrift haben verschiedene Ebenen: Was steht da (wörtlicher Sinn)? Was bedeutet das (geistlicher Sinn)? Was bedeutet das für heute – allgemein und für mich persönlich (moralischer Sinn)? Was bedeutet das auf Jesus Christus hin (allegorischer Sinn)? Was bedeutet das auf Ewigkeit hin (anagogischer Sinn)?
Die Bücher der Bibel.Der größte Teil der Bibel gehört zum Alten Testament (oder: Ersten Testament). Die großen Kategorien im Alten Testament sind: Geschichtliche Bücher, Weisheitsbücher, Prophetische Bücher. Das Neue Testament (auch: das Zweite Testament) ist verhältnismäßig kurz. Die großen Kategorien sind: Evangelien, Apostelgeschichte, Briefe, Offenbarung des Johannes.
Das Alte Testament.Die ersten fünf Bücher der Heiligen Schrift bilden eine Einheit. Sie entsprechen der jüdischen Thora. Sie werden auch als die fünf Bücher Mose bezeichnet. Entstanden sind sie über mehrere Jahrhunderte hinweg in mehreren Etappen. Die Weisheitsbücher verbinden Lebens- und Glaubenserfahrungen aus verschiedenen Gedankenrichtungen. Letztlich geht es um eine Weisheit, mit Ereignissen und Situationen im Vertrauen auf Gott gut umgehen zu können und darin einen tieferen Sinn zu erahnen. Unter den Büchern der Propheten kann man „große“ Propheten nden, denen jeweils ein umfangreiches Werk zugeschrieben wird. Daneben gibt es zwölf Propheten, die situationsbezogen einzelne Botschaften übermittelt haben. Sie werden im Zwölfprophetenbuch zusammengefasst. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 21, 30. September 2021 |
Botschaft für einst und jetzt |
Das Neue (auch: Zweite) Testament ist im Vergleich zum Ersten, Alten Testament kurz. Es besteht aus vier Evangelien, der Apostelgeschichte, 21 Briefen und der Offenbarung des Johannes.
Die vier Evangelien weisen Ähnlichkeiten und Unterschiede in ihren Berichten über Geburt, Leben, Tod und Auferstehung Jesu auf. Das liegt an ihren unterschiedlichen Entstehungszeiten und Zielgruppen. Dabei sind die Evangelien nach Markus, Matthäus und Lukas einander sehr ähnlich (synoptische Evangelien).
Zielgruppen.Das Evangelium nach Matthäus (Mt) wurde etwa um das Jahr 80 für Christen geschrieben, die jüdischer Abstammung waren: deshalb die vielen Hinweise auf die Überlieferungen im Alten Testament. Charakteristisch sind die ausführlichen Zusammenstellungen von Reden Jesu. Das Evangelium nach Markus (Mk) ist das älteste Evangelium, auf das sich auch die anderen beziehen, besonders Matthäus und Lukas. Es wurde als prägnante, relativ kurze systematische Zusammenfassung des Lebens Jesu kurz nach dem Jahr 70 verfasst. Zielgruppe sind vor allem Bewohner im griechisch-römischen Kulturkreis. Das Evangelium nach Lukas (Lk) hat als Zielgruppe eine gebildete, griechisch geprägte Welt vor Augen. Die Geschichte Jesu wird mit der Weltgeschichte in Verbindung gebracht: Er ist der Retter und Erlöser von den Sünden der ganzen Welt. Zum Volk Gottes sind alle Menschen, Juden und Heiden, unterschiedslos berufen. Dieses Evangelium ist wohl in den Jahren zwischen Bibel – Das Neue Testament Botschaft für einst und jetzt 80 und 90 n. Chr. entstanden. Nur in diesem Evangelium sind die Kindheitsgeschichten Jesu zu finden.
„Testament“ Jesu.Evangelium nach Johannes (Joh) ist um das Jahr 100 entstanden und hat einen ausgeprägten theologischen Schwerpunkt: die Selbstoffenbarung Jesu als der Christus, als der Sohn Gottes. Dem entsprechen jene Worte Jesu, die mit „Ich bin“ beginnen. Einzelne Ereignisse werden sehr ausführlich beschrieben, auch die sogenannten Abschiedsreden (Kapitel 13–17), die wie ein Testament Jesu sind.
Die Apostelgeschichte.Beschrieben wird das Leben der ersten Christen und die Entstehung von Christengemeinden im Römischen Reich. Zu einer Hauptperson wird Paulus, ein jüdischer Schriftgelehrter, der anfangs Christen verfolgt, nach einem einschneidenden Erlebnis aber zum Apostel wird.
Briefe.Unter den 21 Briefen kann man Briefe des Paulus (Römer, Korinther, Galater, Thessalonicher, Philipper, Philemon), Briefe im Sinn des Paulus (paulinische Briefe: Epheser, Kolosser), Pastoralbriefe (Timotheus, Titus) sowie Katholische Briefe von anderen Autoren (Jakobus, Petrus, Johannes, Judas) unterscheiden; der Hebräerbrief nimmt eine Sonderstellung ein.
Die Offenbarung des Johannes.In einer Zeit von ersten Christen-Verfolgungen ist dies ein Buch des Trostes. Mit Visionen und apokalyptischen Bildern vom Ende der Weltgeschichte und der Beschreibung der Erfüllung aller Verheißungen durch Verfolgung, Gefahr, Tod und Gericht hindurch öffnet sich der Blick auf das Heil bei Gott.
Anregung.Tipps zum persönlichen Bibellesen:
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 19, 07. Oktober 2021 |
Im Gespräch mit Gott |
Im Gebet tritt der Mensch vor Gott, um zu hören, um etwas zu sagen oder einfach da zu sein.
Es ist eine Bewegung des Herzens oder ein Blick zum Himmel, ein Gefühl der Dankbarkeit, ein Augenblick des Vertrauens, ein Innehalten in einer Situation, die wunderbar, mühevoll, schwierig oder alltäglich sein mag. Man kann im Gebet alles vor Gott tragen: Menschen, Ereignisse, Pläne, Gedanken, Fragen. In allen Religionen wenden sich Menschen an Gott oder an Götter. Sie haben ein Gespür dafür, dass die Aufmerksamkeit für ein Geheimnis, das ihnen nahe ist, sinnvoll und gut ist. Der Mensch als Geschöpf und Ebenbild Gottes ist „gott-fähig“.
Im Gespräch mit Gott.Das Gebet ist ein Gespräch mit Gott wie „mit einem Freund“ (Exodus 33,11): offen, vertrauensvoll, direkt. Gott ist für uns da, er meint es gut mit uns. Gott spricht so, dass Menschen es verstehen können, und wartet auf Antwort. Grundlage des Gebets ist das Vertrauen in Gott. Man erinnert sich an Ereignisse, hinter denen man sein Wirken ahnt; man erhofft eine friedvolle, gute Entwicklung der Zukunft (für die persönliche Lebensgeschichte, für das Volk, für die ganze Menschheit); man sagt Dank für das Gute, das man erfahren hat.
Die Haltung des Gebets.Maria ist ein Vorbild für das Gebet, wenn sie auf die Botschaft des Engels antwortet „Mir geschehe, wie du gesagt hast“ (Lukas 1,38). Jesus lernt die Gebete seines jüdischen Volkes. Doch ist ihm Gott so nahe, dass er ihn mit einem Kosenamen – Abba oder Papa (Markus 14,36) – anspricht. Auch wir können mit Gott so vertrauensvoll sprechen. Jesus ist immer mit dem Vater verbunden. Sein ganzes Leben ist ein Gebet. Wichtig ist für ihn das Vertrauen in die Kraft des Gebetes. „Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.“ (Markus 11,24) Doch es geht nicht nur um die Erfüllung von Wünschen, sondern um ein Gestalten von Entwicklungen, damit diese zum Heil werden. „Alles, um was ihr in meinem Namen bitten werdet, werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird.“
Gott erhört Gebete.Aber die Erfüllung dessen, worum gebetet wurde, kann ganz anders sein, als man es sich vorstellt oder wünscht. Gott funktioniert nicht als einer, der Wünsche erfüllt. Gott will unser Heil. Nach dem Tod Jesu ist das Gebet fixer Bestandteil bei den Treffen der ersten Christen. In diesem Sinn empfiehlt Paulus: „Betet ohne Unterlass“ (1 Thessalonicher 5,17) und: „Bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott“ (Philipper 4,6). Gebet ist ein Fundament christlichen Lebens. Im christlichen Gebet betet man im Heiligen Geist mit Jesus zum Vater.
Formen des Gebets.Anbetung, Segen, Bitte, Fürbitte, Klage, Dank und Lob sind verschiedene Formen für ein Gebet, die auch ineinander übergehen können. So sind oft Bitte und Fürbitte, Dank und Lob, Klage und Bitte usw. miteinander verbunden. Gebete können gesprochen und gesungen, mit Gesten und Haltungen begleitet und an manchen Orten sogar getanzt werden. In einer Gemeinschaft beten Gläubige miteinander laut. Allein betet man, wo immer und wann immer man daran denkt. Man spricht eigene Worte oder ein bekanntes Gebet oder verbindet beides. In einem stillen, betrachtenden Gebet geht es darum, aus der eigenen Mitte heraus Gedanken und Gefühle an sich herankommen zu lassen und diese vor Gott zu tragen. Ein innerliches Gebet ist ein freundschaftliches Gespräch mit Jesus oder einfach ein absichtsloses Schauen auf ihn. Es ist ein Hören und ein Schweigen, das sich auf sein Mysterium richtet. Aber wenn Schwierigkeiten beim Beten kommen, ist dies nicht ungewöhnlich. Das soll nicht irritieren, weil man weiß: Gott ist treu. Und man kann immer daran denken: Ein Gebet ist wie ein heiliger Boden. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 15, 14. Oktober 2021 |
Gott gemeinsam feiern |
Unter Liturgie versteht man verschiedene Formen öffentlicher Gottesdienste, die vorwiegend nach festgelegten Riten gefeiert werden.
Für etwas Schönes hat man gern Zeit. Wenn es aufbaut, ermutigt oder tröstet, wenn ein Gedanke oder ein Lied nachklingt, dann spürt man: Es ist gut, da zu sein. Liturgie ist eine öffentliche Versammlung. In der Liturgie wendet sich die Kirche Gott zu. Sie hört auf ihn und spricht zu ihm. Gemeinsam feiert man die Heilsgeschichte.
Grundgedanken.Dabei begleiten einige Grundgedanken (fast) jede Liturgie:
Liturgie des Volkes Gottes.Die Gläubigen wirken auf unterschiedliche Weise mit. Sie verwirklichen dabei ihre priesterliche Berufung, Segen zu sein und Segen weiterzugeben. Darin gibt es verschiedene Dienste, Aufgaben und Funktionen. Alle sind aufgerufen, innerlich dabei zu sein im Zuhören und Mitvollziehen des liturgischen Geschehens sowie äußerlich mitzutun im Singen und Beten, mit Gesten und mit Haltungen.
Große Gemeinschaft.Die Anwesenden sind nicht nur für sich selber da. Sie sind gleichsam Stellvertreter für alle Abwesenden, besonders für jene, an die sie denken, die sie ins Gebet einschließen. Sie sind da für andere – auch in der Liturgie. Ein unmittelbares Dabeisein ist wesentlich. Dennoch ist eine Teilnahme über Medien (Internet, TV, Radio) eine sinnvolle Form des Mitfeierns, wenn eine Anwesenheit nicht möglich ist.
Liturgische Vielfalt.Es gibt viele unterschiedliche liturgische Feiern, Zeiten, Orte. Alles dient der Verbindung der Menschen mit Gott. Man kann aufzählen: Sakramente, Sakramentalien (vor allem Segens- und Begräbnisfeiern), Wortgottesdienste, Andachten, Prozessionen, gemeinsame Gebetsformen (z. B. Rosenkranz, Stundengebet).
Jahreskreis.Das Kirchenjahr ist für viele – auch für Nicht-Gläubige – wichtig, weil es zu unserer Kultur gehört: besonders Advent, Weihnachten und Ostern. Sogar die Fastenzeit wird wieder mehr beachtet. Doch zeigt sich hier zugleich eine Herausforderung, wenn nämlich viele Zeitgenossen nicht verstehen, dass es sich um christliche Feste handelt – und was sie eigentlich bedeuten.
Sinnlich.Liturgie soll die Menschen mit allen Sinnen ansprechen. Es gibt Zeichen, Symbole, Handlungen, Worte, Musik, Gesang, Bilder, die dies unterstützen. All dies will das Unsichtbare ansatzweise sichtbar, die Nähe Gottes erahnbar machen. Grundsätzlich kann man überall Liturgie feiern. Dennoch gibt es besondere Orte, die man Gotteshäuser nennt, weil Gott „seinen Namen dort wohnen lässt“ (Esra 6,12). Dass Liturgie vielfältig ist, zeigt sich auch in den unterschiedlichen liturgischen Haltungen: Stehen, Sitzen, Knien, Gehen, Tanzen, verschiedene Haltungen der Hände usw. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 18, 21. Oktober 2021 |
Zeichen werden Wirklichkeit |
Sakramente sind Höhepunkte. Sie sind äußere Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit: Gott ist da in dieser konkreten Situation.
Heute gibt es in der katholischen Kirche sieben Sakramente: Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße und Versöhnung, Krankensalbung, Weihe, Ehe.
Taufe – Anfang des Christseins.Die Taufe bewirkt die Zugehörigkeit zu Jesus Christus (in der Gemeinschaft der Kirche) und verbindet mit seinem Leben, mit seinem Sterben und mit seiner Auferstehung. „Wisst ihr denn nicht, dass wir, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln.“ (Römer 6,3–4) Dieses neue Leben beginnt schon jetzt. In der Verbundenheit mit Jesus erhält das Leben eine neue Orientierung. Man wird ein neuer Mensch, „der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Epheser 4,24). Die Taufe ist eine geistliche Neugeburt. Mit der Taufe beginnt das Leben als Christ. Sie ist ein Anfang. Berufen ist man nun, den Lebensweg als Christ, mit Christus, mit der Gemeinschaft der Kirche zu gehen – und ein Leben zu führen, das dieser Würde entspricht.
Firmung – Heiliger Geist kommt.Jesus beginnt sein öffentliches Wirken mit einer Predigt in der Synagoge in Nazaret. Er zitiert den Propheten Jesaja und bezieht dessen Worte auf sich: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt ...“ (Lukas 4,18). Der Heilige Geist ist immer mit ihm. Diesen Heiligen Geist sendet Jesus den Aposteln. Durch sie soll er sich weiter ausbreiten, bis heute. Mit der Kraft des Heiligen Geistes sollen Menschen so zusammenleben und die Welt gestalten, wie es dem Willen Gottes entspricht. Die Firmung schenkt Freude über die Entscheidung, im Glauben zu leben. Sie vertieft, was in der Taufe grundgelegt ist: das Bewusstsein, Kind Gottes zu sein und ihm zu vertrauen. Sie bestärkt, die Gaben des Heiligen Geistes wahrzunehmen und sie zum Wohl aller einzusetzen. Sie schenkt Kraft, Entschlossenheit und Stärke für alles Gute. Sie vereint fester mit Christus, verbindet bewusster mit der Kirche.
Eucharistie – Dank, Gedächtnis, Gegenwart.Die Eucharistie ist die zentrale Feier des Glaubens. Sie ist eine Zusammenfassung der Geschichte des Heils. Sie ist wie ein kleines Osterfest. Es gibt vieles, wofür man danken kann. In der Eucharistiefeier formulieren die Gebete Dank an Gott für seine Werke: für die Schöpfung, für seine Treue zu seinem Volk, für seine Taten. Ein Dank gilt besonders Jesus Christus für sein Leben, sein Opfer, seine Auferstehung, die Sendung seines Geistes. Man dankt auch der Gemeinschaft der Kirche, den Heiligen, jenen, die heute Verantwortung tragen, und betet für sie. Es ist eine Gedächtnisfeier, die im Sinn Jesu statt ndet: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ (Lukas 22,19) Sie erinnert an Ereignisse im Leben Jesu und an das letzte Abendmahl. Hier hat er mit Brot und Wein dieses sakramentale Zeichen gesetzt, unter dem sich Christen regelmäßig versammeln werden. Es geht aber nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart. In den Worten der Heiligen Schrift, in der versammelten Gemeinde, in den Zeichen von Brot und Wein, im Gebet ist Jesus Christus gegenwärtig. Die Eucharistiefeier schließt damit ab, dass die Christen gesandt werden, zu den Menschen zu gehen und ihnen die Frohe Botschaft der liebenden Nähe Gottes in Wort und Tat zu bezeugen. Sie tun dies aus einer vertieften Beziehung mit Christus heraus; in Dankbarkeit für alles, was Gott gewirkt hat; mit der Bereitschaft zur Versöhnung; in der Haltung einer liebevollen Achtsamkeit für die Mitmenschen und für die ganze Schöpfung. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 15, 28. Oktober 2021 |
Zeichen der Wirklichkeit II |
Sakramente sind Höhepunkte. Sie sind äußere Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit: Gott ist da in dieser Situation.
Heute gibt es in der katholischen Kirche sieben Sakramente: Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße und Versöhnung, Krankensalbung, Weihe, Ehe.
Buße und Versöhnung.Die Grundentscheidung für den Glauben ist der Anfang eines Weges. Damit gibt es eine Orientierung des Lebens auf Gott hin. Doch es braucht immer wieder neue, kleine Entscheidungen, um auf dem Weg des Glaubens weiterzugehen. Dabei wird man wahrscheinlich bemerken, dass nicht jeder Schritt in die richtige Richtung gegangen ist: Man hat Sünden begangen. Dann braucht es Neuorientierung, Umkehr dorthin, wohin man eigentlich will. Sünden sind Worte, Taten, Haltungen, die von Gott trennen; allgemein gesagt: liebloses Verhalten. Nur Gott kann Sünden vergeben. Wenn Jesus Sünden vergibt, nimmt er göttliche Vollmacht in Anspruch. Diese Vollmacht gibt er an die Apostel weiter. „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.“ (Johannes 20,23) In dieser Tradition ist es Aufgabe eines Priesters, die Barmherzigkeit Gottes im Sakrament der Versöhnung zuzusprechen..
Krankensalbung.Eine schwere Krankheit macht schmerzlich bewusst, dass der Mensch endlich und verletzbar ist. Todesahnungen machen Angst, sie können in Verzwei ung und Depression führen. Sie können auch anregen, das Leben Revue passieren zu lassen, sich auf Wesentliches zu besinnen. In der Bibel wird Krankheit ganzheitlich gesehen. Der Mensch ist berufen, heil zu sein bzw. von Krankheiten geheilt zu werden. „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ (Exodus 15,26) Es geht um beides: die körperliche und psychische Gesundheit und das seelische Heil. Es ist nicht nur für unheilbar Kranke gedacht (ein früherer Name war „Letzte Ölung“), sondern für alle, die in ihrer Krankheit Zuspruch, Trost und Stärkung erfahren wollen. Ein Auftrag der Kirche ist, Kranken beizustehen. Das Sakrament ist dafür ein besonderes Zeichen.
Weihe.Die ganze Kirche ist ein priesterliches Volk auf der Grundlage eines gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen. Jeder und jede ist beteiligt an der Verwirklichung des priesterlichen Amtes Christi: aus Liebe Opfer zu bringen, anderen Verbindung mit Gott zu vermitteln, ein Segen zu sein. Um diesem gemeinsamen Priestertum zu dienen, wird ausgewählten Männern nach einer Zeit der Vorbereitung das Sakrament der Weihe zum Priester oder Diakon gespendet. Damit übernehmen sie Aufgaben in der Nachfolge der Apostel: Es geht um die Verkündigung des Evangeliums, die Feier der Liturgie, die Sorge um Arme und Bedürftige, um die Wahrung der Einheit der ganzen Kirche und um die Repräsentation Jesu Christi in der Ausübung eines Amtes. Das setzt voraus, dass sie nach dem Vorbild Jesu Christi leben und in seinem Stil all ihre Aufgaben wahrnehmen. Das Amt, das durch die Weihe verliehen wird, ist als Dienst am gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen anzusehen.
Ehe.Unter verschiedenen Formen von menschlichem Zusammenleben hat sich die Ehe zwischen Mann und Frau im Lauf der Zeit am besten bewährt. Sie bildet im gegenseitigen Ja der Ehepartner zueinander einen starken Rahmen für eine Beziehung, die sich ein Leben lang entwickelt. Das Eheversprechen sagt ein ständiges Bemühen zu, an der Gestaltung der Ehe zu arbeiten; es verspricht Treue und Zusammenhalt; es sagt Verzeihung und das Aushalten von Fehlern zu – im Vertrauen, dass einem auch selbst verziehen, dass man ertragen wird. Darin spiegelt sich die Beziehung Gottes mit den Menschen. So wird die Ehe zwischen Mann und Frau zu einem Bild für den Bund Gottes mit seinem Volk und die Beziehung Jesu Christi zur Kirche. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S.16, 4. November 2021 |
Selbstverwirklichung und Verantwortung |
Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen, ihm „ähnlich“ (Genesis 1,26). Durch die von Gott gegebenen Geistesgaben – Vernunft, Wille, Gefühl – ist der Mensch fähig, den Plan Gottes für diese Welt zu verstehen und daran mitzuwirken.
Es gibt eine Sehnsucht im Menschen, ganz eins zu sein mit sich selbst und der Welt. Menschen streben nach innerem Frieden, nach einem glückseligen Zustand, nach einem Paradies, in dem all seine Wünsche erfüllt werden. Zumindest ein Stück davon möchten sie erleben. Vielleicht muss es gar kein Paradies sein. Ein „gutes Leben“ genügt, um glücklich zu sein. Gottes Glückszusage an Abraham waren keine paradiesischen Zustände, sondern die Verheißung von einem Land, das zur Heimat wird, von Nachkommen und für ein gesegnetes Leben.
Sehnsucht nach Glück.Menschen wollen glücklich sein. Zumeist geht es um gute Beziehungen: eine liebevolle Partnerschaft, Geborgenheit und Rückhalt in der Familie, verlässliche und humorvolle Freunde, rücksichtsvolle, tolerante und hilfsbereite Nachbarn. Auch eine gewisse materielle Sicherheit gehört dazu – wieviel man „braucht“, ist unterschiedlich. Zum Glück gehört, dass man mit dem Leben zufrieden ist; dass man Sinn erlebt in der Arbeit oder in dem, wofür man arbeitet; dass man einigermaßen gern das tut, was man tun muss. In diesem Sinn werden Menschen glücklich, denen es um das Reich Gottes geht, das nicht als Paradies, sondern als gutes, sinnvolles Leben inmitten dieser unvollkommenen Welt erlebt Gesellschaft Selbstverwirklichung und Verantwortung wird. Das ist ein Glück, das über diese Welt hinausweist, weil es in der Gemeinschaft mit Gott Sinn und Ziel hat.
Person und Gesellschaft.Der Mensch ist auf Gemeinschaft angelegt. Menschen sind Familienmitglieder, Freund/innen, Arbeitskolleginnen, Nachbarn, Angehörige und Praktizierende einer Religionsgemeinschaft, Mitglied eines Vereins, einer Gruppe, einer Initiative oder einer politischen Partei, Bewohner/innen eines Ortes und einer Region, Volksangehörige, Staatsbürger/innen – und man hat oft internationale Kontakte. Auch durch Medien ist man mit anderen verbunden. In all diesen Beziehungen leben die Einzelnen. Sie tragen Verantwortung, vorrangig für jene Personen, mit denen sie das Leben intensiver teilen. An erster Stelle steht daher die Familie. Je nach Interesse und Möglichkeit ist man beteiligt am Funktionieren und an der Weiterentwicklung aller gesellschaftlichen Bereiche, von denen man mitbetroffen ist. Das kann einem nicht gleichgültig sein.
Kirche und Welt.Unabhängig von ihrer göttlichen Berufung und obwohl Religionsgemeinschaften eine gesellschaftliche Sonderstellung einnehmen, ist die Kirche Teil der Zivilgesellschaft. Sie kann hier die Sachkompetenz kirchlicher Mitarbeiter/innen und ethische Prinzipien einbringen, die sich am Evangelium orientieren. Wenn sich die Kirche hier als kompetent erweist, hat sie Ansehen, und ihre Stimme hat eine gewisse Autorität. In der Entwicklung unserer Gesellschaft hat die Kirche mehrmals entscheidend mitgewirkt: im Gesundheitsund Bildungswesen, in wirtschaftlichen Bereichen, in der weltweiten Sorge um Arme und um Flüchtlinge, in der Entwicklung des Rechtssystems und von Solidargemeinschaften, in Kunst, Kultur und durch Orientierungen, wie das menschliche Zusammenleben gelingen kann. Natürlich lernt die Kirche dabei von der Welt, die ja von Gott geschaffen ist und in die sein Wille hineingelegt wurde. Deshalb ist man bereit, mit allen Menschen und gesellschaftlichen Kräften zum Wohl der Menschheit und der Schöpfung zusammenzuarbeiten. Man will ein „Segen“ sein (Genesis 12,3) – als Kirche und als Einzelne. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 19, 11. November 2021 |
Lebensstil im Horizont Gottes |
Eine Gemeinschaft muss den Einzelnen Freiheit lassen und sie vor Übergriffen schützen. Das wird konkretisiert durch Regeln, Verordnungen, Verträge. Zudem gibt es Werte, die „man“ befolgt, „weil es sich so gehört“. All dies markiert einen Rahmen, in dem Menschen ihr Leben gestalten.
Würden solche Grundlagen fehlen, wäre eine Gesellschaft von einer Autorität abhängig, die ihre Macht auch missbrauchen kann. Oder es würde sich immer nur der oder die Stärkere durchsetzen.
Wie Leben gelingt.Weisungen, die von Gott kommen, dienen dazu, dass das Leben gelingt: die Zehn Gebote oder die Goldene Regel: „Wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen!“ (Lukas 6,31). Diese und weitere „Vorschriften“ sind wichtige Orientierungshilfen. Jesus stellt die bedingungslose Liebe Gottes in den Mittelpunkt. Die Liebe ist die stärkste und beste Kraft zur Gestaltung des persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens.
Entschiedene Haltungen.Liebe verwirklicht sich in vielen Formen. Im Zusammenleben geht es um Haltungen wie Rücksicht, Toleranz, um Tugenden: „Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht!“ (Philipper 4,8) Man kann vier Tugenden benennen, aus denen sich viele andere entwickeln. Diese Kardinaltugenden (von lateinisch cardo: Drehpunkt, Türangel) sind: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigkeit.
Klugheitlässt eine Situation umfassend sehen und gute Entscheidungen treffen. Sie wählt Wege und Mittel, das Gute zu erreichen. Sie hört auf einen guten Rat und weist einen schlechten zurück. Sie setzt alle Mittel der Vernunft ein, die zur Verfügung stehen.
Gerechtigkeitwill jedem das zukommen lassen, was ihm oder ihr gebührt. Ohne Ansehen der Person setzt man sich dafür ein, dass Menschen ihre Rechte und ihre Lebensgrundlagen erhalten und dass eine Gesellschaft dies fördert. Es geht um ein umfassendes Gemeinwohl: um Gerechtigkeit für alle.
Tapferkeitbzw. Mut gibt die Kraft, Schwierigkeiten standzuhalten. Man überwindet Ängste. Man lässt sich von Widerständen nicht einschüchtern. Man steht zu dem Guten, für das man sich entschieden hat. Man ist bereit, für eine gerechte Sache zu kämpfen und Opfer zu bringen.
Mäßigkeitlässt in allen Dingen das rechte Maß einhalten zwischen einem Zuwenig und einem Zuviel. Sie lässt sich nicht verführen von Neigungen, Lustgefühlen, Gier oder Manipulation. Darüber hinaus spricht man von Glaube, Hoffnung, Liebe als göttlichen Tugenden, die von Gott geschenkt sind.
Berufen zur Heiligkeit.Im Verwirklichen von Liebe, in einer Orientierung am Willen Gottes ist der Mensch Gott nahe und führt ein Leben, das zur Heiligkeit führt. Heiligkeit ist ein Lebensstil, der Gott vertraut, der sich an Jesus Christus orientiert, der dem Heiligen Geist Raum lässt. Am Leben der Christ/ -innen sehen die Menschen, was der Glaube wert ist. Daran – und nicht durch Worte – verstehen sie die Botschaft Jesu und was dadurch Gutes bewirkt wird. Die Berufung zur Heiligkeit übersteigt irdische Grenzen. Sie verbindet mit allen anderen, die Beziehung und Heimat in Gott gefunden haben. So ist man einerseits mit den noch lebenden Heiligen verbunden, auch wenn man viele nie in diesem Leben sieht. Andererseits ist heilig zu sein eine Dimension einer menschlichen Göttlichkeit, die auf die Berufung zum ewigen Leben in Gott hinweist. „Wer den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ (1 Johannes 2,17) Dazu sind wir berufen. «
Quelle: Vorarlberger Kirchenblatt S. 17, 18. November 2021 |